Les bons offices ou : de la difficulté de faire la paix
de Wolf Linder
Für einen Friedensschluss gibt es eine unabdingbare Voraussetzung: Vertrauen! Vertrauen in die Gegenpartei, aber vor allem Vertrauen in den Vermittler.
Diplomatische Vermittlungen sind vertraulich. Wo es wenig zu wissen gibt, wuchern die Fantasien. So werden die Guten Dienste der Schweiz sehr unterschiedlich beurteilt: Während die einen die Vermittlungsbemühungen der neutralen Schweiz als einzigartig loben, finden die andern, das seien blosse Briefträgerdienste zwischen Diplomaten. Und mit den elektronischen Kommunikationsmitteln seien diese so überflüssig geworden wie der Milchmann.
Als erstes folgen wir einem Bericht über die Friedenskonferenz von Evian 1962 zwischen Frankreich und Algerien. Sie wurde von der Schweiz organisiert und führte zum Ende des Algerienkriegs, zur Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich und zum Frieden zwischen beiden Ländern. Als zweites nennen wir weitere, wichtige Beispiele schweizerischer Friedensbemühungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Sodann werfen wir einen Blick auf die schwierigen Bedingungen erfolgreicher Friedensvermittlungen und zeigen, welche Rolle die Neutralität darin spielt.

Staatschefs der Grossmächte in Genf 1955

BR Parmelin mit Biden und Putin, Genf 2021
Das Ende des Kriegs zwischen Frankreich und Algerien (Friede von Evian, 1962)
Algerien stand seit dem 19. Jahrhundert unter dem Kolonialregime Frankreichs. Nach dem Zweiten Weltkrieg rebellierten die meisten europäischen Kolonien gegen die Fremdherrschaft und forderten die nationale Unabhängigkeit. In Algerien führte das zu einem mehrjährigen blutigen und brutalen Krieg. Der algerischen Befreiungsbewegung Front de Libération Nationale (FLN) gelang zwar kein Sieg über die etwa eine halbe Million starken französischen Streitkräfte. Doch die Kosten und Verluste an Menschenleben waren zu hoch: Präsident de Gaulle in fand in einer Volksabstimmung 1961 eine Mehrheit der Französinnen und Franzosen, die einem Waffenstillstand mit dem FLN und der absehbaren Unabhängigkeit Algeriens zustimmten. Damit war aber der Krieg noch nicht zu Ende. Eine Gruppe von französischen Offizieren und Siedlern gründete eine Organisation de l’Armée secrète (OAS), die einen Waffenstillstand mit Anschlägen und einem (erfolglosen) Putsch vereiteln wollte. De Gaulle ersuchte die Schweiz um Vermittlung. Ein riskanter Auftrag: Die Kriegsparteien waren derart verfeindet, dass ihre ersten Treffen von Angesicht zu Angesicht schwierig waren und grösste Geheimhaltung erforderten. Die Vorgespräche fanden in privaten Räumen statt, der Sitzungsort wurde aus Sicherungsgründen mehrmals gewechselt. Die eigentlichen Friedensverhandlungen fanden in Evian, am französischen Ufer des Genfersees statt. Ihre Organisation wurde von der Schweiz bis ins Detail vorbereitet. Enorme Sicherheitsmassnahmen waren nötig, um möglichen Sabotageaktionen der OAS zuvorzukommen. Die algerische Delegation fühlte sich unsicher auf französischem Boden und logierte deshalb auf Schweizer Territorium, jeden Tag an einem anderen Ort. Täglich wurde sie mit Helikoptern oder Schnellbooten über den Genfersee gebracht. Erst nachdem ein Waffenstillstand erreicht war, wurde die Geheimhaltung über die Konferenz beendet. In den anschliessenden Friedensverhandlungen erreichte Algerien die nationale Unabhängigkeit. Die neutrale Schweiz hatte mitgeholfen, einen brutalen Krieg zu beenden und den Konflikt in friedliche Bahnen zu lenken. (W. Wüthrich 2022)

The steadfastness and determination of Swiss diplomat Olivier Long were decisive for the success of the negotiations. © Keystone
Die guten Dienste nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die schweizerisch/schwedische Mission zur Überwachung des Waffenstillstands zwischen
- Nord- und Südkorea (seit 1953).
- Die Vermittlung zwischen Russland und Tschetschenien (1997ff).
- Der Untersuchungsbericht des Kriegs zwischen Georgien und Russland 2008 im Auftrag des
- Ministerrats der EU.
- Die Minsker Abkommen (2014/15).
- Die vielen Initiativen in der OSZE, vor und in der Amtszeit des Schweizer Generalsekretärs Botschafter Greminger (2017 bis 2020).
- Darüber hinaus hat sich Genf als ein Zentrum internationaler Diplomatie entwickelt. So ist die Schweiz Depositarstaat von gegen 80 internationalen Vereinbarungen, gegenüber deren 20 von Deutschland.