«Ich möchte die Schweizer Botschaft erwähnen, die unermüdlich dazu beigetragen hat, dass die Todesstrafe in Zimbabwe abgeschafft wurde»

Quelle: NZZ

Teilen:

Ein kleines Neutralitäts-FAQ

Aus dem Englischen von Pascal Lottaz (Original hier)

Das Neutralitätsrecht (Law of Neutrality, LoN) ist ein altes Geflecht aus Vertragsrecht, Gewohnheitsrecht, Gerichtsentscheidungen und Expertenmeinungen über das erlaubte und unerlaubte Verhalten Dritter gegenüber Krieg führenden Staaten – zu Land und zur See. Es hat seine Wurzeln in alten europäischen Normen und staatlichen Praktiken, wie sie zum Beispiel im Consolato del Mare kodifiziert wurden (siehe oben).

Das Neutralitätsrecht unterscheidet zwischen zwei Gruppen von Akteuren, die nicht den beiden Kriegsparteien entsprechen, sondern den Krieg führenden Parteien (Belligerenten) auf der einen und den nicht am Krieg beteiligten Dritten (Neutralen) auf der anderen Seite.

Es enthält Vorschriften sowohl über die Rechte und Pflichten der Neutralen als auch über jene der Kriegführenden. Im Streben danach, den Feind zu besiegen, sind Belligerentenicht frei, mit neutralen Dritten zu tun, was sie wollen. Umgekehrt müssen auch Neutrale gewisse Pflichten im Umgang mit den Kriegsparteien beachten, solange die Feindseligkeiten andauern.

Weiterführende Literatur:
Neff, Stephen C. (2005): War and the Law of Nations: A General History. Cambridge University Press.
Müller, Leos (2019): Neutrality in World History. Routledge.

Nein. Das Neutralitätsrecht gilt für alle Drittstaaten, die nicht am Krieg beteiligt sind. Dies bezeichnet man als „gelegentliche Neutralität“. Alle Staaten, die nicht als Kriegführende oder Mitkriegführende gelten, sind ipso facto neutrale Staaten im Sinne des LoN.

Nein. Das Neutralitätsrecht tritt automatisch in Kraft, sobald zwei Staaten in einen Kriegszustand (de jure oder de facto) eintreten. Eine Neutralitätserklärung dient jedoch als politische Stellungnahme und enthält oft einen Katalog von Erwartungen des neutralen Drittstaats an die Kriegsparteien. Sie ist ein starkes einseitiges Mittel, um außenpolitische Prioritäten gegenüber allen Konfliktparteien zu kommunizieren. Aus politischen Gründen ist es daher sehr ratsam, eine Neutralität ausdrücklich zu erklären.

Ja und nein. Theoretisch schützt das Neutralitätsrecht neutrale Staaten vor illegalem Zwang durch Kriegsparteien. In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass beide Seiten versuchen, neutrale Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Infolgedessen greifen Belligerenteoft zu politischen oder militärischen Zwangsmaßnahmen, um neutrale Staaten zu beeinflussen und an ihre strategischen Ziele anzupassen.

Weiterführende Literatur:
Abbenhuis, Maartje M. (2014): An Age of Neutrals: Great Power Politics, 1815–1914. Cambridge University Press.

So wie das Neutralitätsrecht politische Grenzen in seinem Schutz neutraler Staaten hat, so sind auch die Möglichkeiten der Kriegführenden eingeschränkt. Erstens kann die Stärke beider Kriegsparteien ein Gleichgewicht erzeugen, das sie dazu bringt, neutrale Drittstaaten in Ruhe zu lassen. Zweitens kann ein zu aggressives Vorgehen gegen Neutrale dazu führen, dass sich diese der Gegenseite anschließen. Das Neutralitätsrecht legt in erster Linie Mindestanforderungen fest, auf die sich neutrale Staaten berufen können, um ihre Erwartungen an beide Seiten zu artikulieren und nicht selbst zur Kriegspartei zu werden.

Weiterführende Literatur:
Upcher, James (2020): Neutrality in Contemporary International Law. Oxford University Press.

Ja. Mitunter müssen neutrale Staaten sogar militärische Mittel einsetzen, um einen Verstoß gegen das Neutralitätsrecht zu verhindern und ihren neutralen Status aufrechtzuerhalten.

Wenn zum Beispiel ein Kriegführender versucht, das Gebiet eines neutralen Staates (zu Land, zu Wasser oder in der Luft) zu nutzen, ist der neutrale Staat verpflichtet, dies zu verhindern – notfalls auch mit militärischen Mitteln. Ein solches Vorgehen stellt völkerrechtlich keinen Kriegsakt dar und macht den neutralen Staat auch nicht automatisch zur Kriegspartei.

Im Gegenteil: Wenn ein neutraler Staat Verstöße gegen seine Neutralität nicht unterbindet, kann ein betroffener Kriegführender dies als Parteinahme zugunsten des Feindes interpretieren und militärisch gegen den Neutralen vorgehen – womit dessen Neutralitätsstatus enden würde. Selbst wenn ein neutraler Staat militärisch nicht in der Lage ist, einen solchen Verstoß wirksam zu verhindern, muss er alles Zumutbare unternehmen, um zu zeigen, dass der Bruch nicht akzeptiert oder gebilligt wurde.

Weiterführende Literatur:
Oppenheim, Lassa F.L. (1912): International Law: A Treatise—War and Neutrality, Band II. London: Longmans, Green.

Das Neutralitätsrecht gewährt insbesondere seefahrenden Nationen im Krieg wichtige Rechte:

– Das Territorium neutraler Staaten (einschließlich ihrer Seegebiete) ist unantastbar.
– Neutrale Staaten dürfen mit allen Kriegführenden Handel treiben.
– Neutrale Schiffe dürfen von Kriegführenden nicht angegriffen oder durchsucht werden – außer in der Nähe eines blockierten Hafens.
– Neutrale Güter auf Kriegsschiffen dürfen von der gegnerischen Partei nicht beschlagnahmt werden.
– Neutrale Staaten dürfen sich gegen willkürliche Handelsbeschränkungen zur Wehr setzen.

Ja. Zwar wird argumentiert, dass die Gründung der Vereinten Nationen und das Verbot des Krieges das Neutralitätsrecht obsolet gemacht hätten, doch ist der Krieg als Realität nie verschwunden. Ebenso wie das „Kriegsrecht“ heute als „Humanitäres Völkerrecht“ weiterlebt, bleibt auch das Neutralitätsrecht Teil des völkerrechtlichen Verhaltenskodex zwischen Staaten. Obwohl multilaterale Verträge zur Neutralität seit dem Zweiten Weltkrieg nur selten aktualisiert wurden, enthalten viele Militärhandbücher moderner Staaten weiterhin Kapitel zum Neutralitätsrecht – was auf eine anhaltende völkerrechtliche Relevanz hinweist.

Weiterführende Literatur:
Upcher, James (2020): Neutrality in Contemporary International Law. Oxford University Press.

Nein. Neutrale Staaten sind nicht verpflichtet, ihre Waffen niederzulegen oder auf Selbstverteidigung zu verzichten. Im Gegenteil: Das Neutralitätsrecht verlangt von Staaten, ihr neutrales Territorium gegen Angriffe zu verteidigen – notfalls mit militärischer Gewalt. Zugleich trägt die Einhaltung der Neutralitätsregeln durch alle Seiten dazu bei, die Ausweitung von Kriegen zu verhindern und eröffnet Wege zur Vermittlung und Konfliktlösung. Es lehnt kollektive Kriegsführung (auch im Rahmen kollektiver Selbstverteidigung) ab und verringert das Risiko, in Stellvertreter- oder Koalitionskriege verwickelt zu werden. Es stellt eine deeskalierende, pazifistische Strategie innerhalb des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen dar.

Weiterführende Literatur:
Neff, Stephen C. (2020): A Tale of Two Strategies: Permanent Neutrality and Collective Security, in: Permanent Neutrality: A Model for Peace, Security, and Justice, hrsg. von Herbert Reginbogin und Pascal Lottaz. Lexington Books.

Du hast Fragen?
Sende uns eine E-Mail!